Hypnotisanden erreichen während ihrer Hypnose oft tiefe Trancezustände. Doch was passiert dabei im Gehirn des Hypnotisanden? Diese Frage, was genau bei einer Hypnose im Gehirn passiert, können Forscher bis heute nicht abschließend beantworten.
Man geht davon aus, dass eine hypnotische Trance nicht nur die Aktivität der Hirnregionen ändert, sondern auch deren Verknüpfungen miteinander. In neuropsychologischen Studien wurde anhand bildgebender Diagnostik gezeigt, dass unter Hypnose bemerkenswerte Hirnaktivitäten zum Vorschein kommen, die mit einer einfachen mentalen Ablenkung nicht zu vergleichen sind. (1) (2)
Veränderungen im Gehirn unter Hypnose
Wie es zu dieser erstaunlichen Veränderung kommen kann? Unser Gehirn besteht aus Milliarden von Gehirnzellen, den sogenannten Neuronen, die über Stromimpulse miteinander kommunizieren. Gamma-, Beta-, Alpha-, Theta- und Delta-Wellen: Sobald unsere Gehirnzellen miteinander kommunizieren, entstehen elektrische Impulse, die als Gehirnwellen mit unterschiedlichen Frequenzbändern messbar und mithilfe eines Elektroenzephalogramms grafisch darstellbar sind. (3)
Je mehr die Gehirnzellen miteinander kommunizieren, desto aktiver ist unser Gehirn. Während die sehr schnellen Beta-Gehirnwellen dem Wachzustand entsprechen, werden die langsameren Alpha-, Theta- und Delta-Wellen mit dem Unterbewusstsein in Verbindung gebracht. Theta-Gehirnwellen ermöglichen einen leichten traumhaften Schlaf, einen Zustand, zwischen Entspannung (Alpha-Wellen) und tiefen Schlaf (Delta-Wellen). In Hypnose sind unterschiedliche Gehirnwellen messbar.
Während einer Hypnose sinken die Gehirnaktivitäten im Frontalhirn (Präfrontaler Kortex). Der Präfrontale Kortex kontrolliert unter anderem unser Verhalten, indem er alle Überwachungs- und Analysefunktionen übernimmt. Nimmt also in diesem Bereich die Gehirnaktivität ab, so sinkt auch unser rationales Denken und wir werden konzentrierter und aufnahmefähiger. Dieses Phänomen wurde in verschiedenen Experimenten mit Stroop-Effekt an der Columbia University nachgewiesen. (4)
Das hypnotisierte Gehirn
Tief entspannt und dennoch wach: Statt das Geschehen zu beurteilen und es mit unserem Selbstbild in Beziehung zu setzen, vertrauen wir dem Hypnocoach und lassen uns auf die Suggestionen ein. Einen Kontrollverlust über das eigene Handeln gibt es allerdings nicht, denn die eigenen Schutzmechanismen bleiben aktiv. Hypnose ermöglicht unserem Unterbewusstsein neue positive Erfahrungen zu sammeln und Lösungsansätze urteilsfrei anzunehmen.
Wenn du bereits hypnotisiert wurdest, ist dir die Power deiner Vorstellungskraft bekannt. Interessant ist, dass während der Hypnose bestimmte Areale im hinteren Hirnbereich aktiver werden, die für das bildhafte Denken zuständig sind. Durch Hypnose können die Gefühle und die Fantasie des Hypnotisanden derart stimuliert werden, sodass das Erlebte als völlig real wahrgenommen wird. Halluzinationen die sogar einen Lachanfall verursachen sind durchaus möglich und besonders beliebt. Das Gleiche passiert im Übrigen, wenn wir nachts träumen und das Erlebte verarbeiten.
Gehirn unter Hypnose: Keine Angst und keine Schmerzen
Ferner befinden sich diejenigen Areale im Ruhezustand, die für die Verarbeitung von Angst oder Schmerz verantwortlich sind. Zwar werden unter Hypnose Schmerzreize ins Gehirn weitergeleitet, doch werden dort diese Reize anders verarbeitet, beziehungsweise nicht bis zum Bewusstsein weitergeleitet, wie Messungen von Gehirnströmen belegen konnten. Nach der Hypnose haben unsere Hypnotisanden beispielsweise die Fähigkeit vor Gruppen ohne Angst zu sprechen oder Schmerzen beim Zahnarzt durch Selbsthypnose abzuschalten.
Aufgrund einer erhöhten Aufmerksamkeit und des starken Fokus auf innere Bilder ermöglicht die Hypnose, Erlebnisse im Gehirn zu verarbeiten, die bisher nicht oder nur fehlerhaft verarbeitet wurden. Auf diese Weise kann zum Beispiel erlerntes Schmerzempfinden verändert oder erlebter Schmerz gelindert werden. Heutzutage werden Operationen unter Hypnose durchgeführt. Hypnose kann somit die Vollnarkose ersetzen. Der Hypnotisand liegt während seiner Operation z. B. am sonnigen Strand und erlebt einen angenehmen Zustand tiefer Entspannung.
Quelle:
(1) Y. Farahzadi, Z. Kekecs (2021): Towards a multi-brain framework for hypnosis: a review of quantitative methods. American Journal of Clinical Hypnosis. Pages 389-403. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1080/00029157.2020.1865129
(2) U. Halsband, T. G. Wolf (2021): Current neuroscientific research database findings of brain activity changes after hypnosis. American Journal of Clinical Hypnosis. Pages 372-388. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1080/00029157.2020.1863185
(3) P. Berlit (2006): Klinische Neurologie. 2. Auflage. Springer, Heidelberg S. 81.
(4) A. Raz, I. Kirsch, J. Pollard (2006): Suggestion Reduces the Stroop Effect. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1111/j.1467-9280.2006.01669.x
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