„Darüber muss ich erst einmal schlafen.“ Sicherlich kennst du auch diese Redewendung. Oft verwenden wir sie, wenn wir eine Entscheidung zu treffen haben, die uns auf Anhieb nicht allzu leicht fällt oder uns vor Probleme stellt. Wir gehen davon aus, dass über Nacht irgendetwas geschieht, das uns hilft, Dinge zu sortieren oder klarer zu sehen.
Und tatsächlich: Hinter dieser Redewendung steckt kein Mythos, sondern ein wissenschaftlich bewiesener Fakt. Du kannst Probleme tatsächlich im Schlaf lösen. Die Gründe dafür sind ebenso spannend wie einleuchtend.
Träume, Kreativität und Probleme
Wir Menschen schlafen in Zyklen – in unterschiedlichen Schlafphasen. In der zweiten Nachthälfte befindest du dich überwiegend in der REM-Phase des Schlafes. In dieser Phase träumst du. REM bedeutet „Rapid Eye Movement“. Deine Augen bewegst du in dieser Schlafphase unter dem geschlossenen Lid sehr schnell, während du in der ersten Nachthälfte die Augen kaum bewegst, da du dich überwiegend im Tiefschlaf befindest. (1)
Dein Gehirn produziert in der REM-Phase Träume. Beim Träumen passiert Unterschiedlichstes im Gehirn. Beispielsweise kurbeln Träume deine Kreativität an. Kreativität schafft bekanntlich Lösungen. Durch Kreativität weitet sich dein Blickfeld und du bist in der Lage, Probleme und Situationen anders zu betrachten und anzugehen.
Aus diesem Grund ist es möglich, dass du am Morgen aufwachst und wie durch einen Geistesblitz auf die Lösung eines bestimmten Problems kommst. Wahrscheinlich hast du dies bereits erlebt. Es macht also durchaus Sinn, noch einmal eine Nacht zu schlafen, bevor du ein Problem angehst. Diverse wissenschaftliche Studien belegen dieses Phänomen. (2)
Studien belegen: Du kannst Probleme im Schlaf lösen
Wissenschaftler der Universität Lübeck haben nachgewiesen, dass unser Gehirn im Schlaf komplexe Aufgaben lösen kann. (3) 106 Probanden wurde eine Reihe verschiedener Rätsel gezeigt. Diejenigen Studienteilnehmer, die nachts wach bleiben mussten, hatten eine deutlich geringere Trefferquote als diejenigen, die nachts schlafen durften (22 Prozent gegenüber 60 Prozent). Daraus schlossen Jan Born und Ullrich Wagner vom Institut für Neuroendokrinologie, dass mindestens eine Schlafperiode in der Nacht zur Lösung der Aufgabenstellung beigetragen haben muss.
Dies konnte eine weitere Studie nicht nur erneut belegen, sondern auch genauer erklären. Denise Cai und Sara Mednick, vom psychologischen Institut in San Diego, konnten darin nachweisen, dass die REM-Phase des Schlafes kreative Prozesse im Gehirn fördert, und zwar mehr als der Wachzustand oder die Non-REM-Phase des Schlafes, in der wir nicht träumen. (4)
Die Probanden schnitten nach dem Schlafen bei diversen Denkaufgaben besser ab als ohne Schlaf direkt zuvor. Sie mussten beispielsweise Wortketten ergänzen wie z.B. „cookie, heart, sixteen“ (Keks, Herz, Sechzehn). In diesem Fall war die Lösung „sweet“ (süß), da Kekse süß sind und man gemeinhin die Ausdrücke „sweetheart“ und „sweet sixteen“ kennt. Alle Studienteilnehmer wurden zunächst morgens und dann noch einmal am Abend getestet. Morgens fielen die Ergebnisse deutlich besser aus als am Abend.
In einer zweiten Phase durfte ein Teil der Gruppe nachmittags schlafen. Diejenigen Probanden, die ein Nickerchen mit REM-Phase gemacht hatten, erzielten um 40 Prozent bessere Ergebnisse als diejenigen Testpersonen, die entweder gar nicht oder nur mit Non-REM-Phase geschlafen hatten.
Fazit
Möchtest du neue Probleme lösen, bei denen deine Kreativität gefragt ist, dann lege dich erstmal schlafen. Du hast richtig gelesen: Anstatt dir im Wachzustand den Kopf zu zerbrechen, bewirkt ein Nickerchen wahre Wunder im Gehirn.
Bei einem bekannten Problem muss einfach nur ein wenig Zeit verstreichen, um auf eine Lösung zu kommen. Bei neuen Problemen hingegen erhöht nur der REM-Schlaf das kreative Denkvermögen. Als Grund vermuten Wissenschaftler, dass die REM-Phase die Verknüpfung von Gedanken im Gehirn stimuliert. So können sich neue Informationen mit bereits gespeicherten Gedächtnisinhalten vernetzen.
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Quellen:
(1) Max-Planck-Institut für Psychiatrie: Schlafstörungen. Online verfügbar unter https://www.psych.mpg.de/848223/schlaf
(2) K. A. Paller, J. D. Creery, E. Schechtman (2021): Memory and Sleep: How Sleep Cognition Can Change the Waking Mind for the Better. Annual Review of Psychology. Vol. 72:123:150. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1146/annurev-psych-010419-050815
(3) U. Wagner, S. Gais, H. Haider, R. Verleger, J. Born (2004): Sleep inspires insight. Nature 427, S. 352-355. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1038/nature02223
(4) D. J. Cai, S. A. Mednick, E. M. Harrison, J. C. Kanady, S. C. Mednick (2009): REM, not incubation, improves creativity by priming associative networks. PNAS 106(25), S. 10130-10134. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1073/pnas.0900271106
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