Zum Verständnis der Wirkungsweise von Hypnose, ist es hilfreich, das Gehirn in die Bereiche „Bewusstsein“ und „Unterbewusstsein“ zu unterteilen. Zwischen dem Bewusstsein und dem Unterbewusstsein liegt der „kritische Teil“, also der Kritiker in dir. Diese Unterscheidung dient selbstverständlich als Modell und soll keine Erklärung über komplexe Vorgänge des Gehirns liefern.
Das Bewusstsein ist zuständig für logisches Denken. Es analysiert ein Problem und findet eine Lösung. Wenn wir z. B. unseren Haustürschlüssel verloren haben, sucht das Bewusstsein nach einer Lösung, in die Wohnung zu gelangen. Das Unterbewusstsein hingegen ist nicht zu logischen Denkprozessen fähig.
Ebenfalls liefert unser Bewusstsein eine rationale Erklärung für unser Verhalten. Doch nicht immer findet das Bewusstsein den wirklichen Grund, da dieser im Unterbewusstsein gespeichert ist. Raucher geben häufig an, dass sie Zigaretten rauchen, um sich zu entspannen. Übergewichtige Personen essen aus Langeweile. Diese verfälschten Angaben werden nicht absichtlich geäußert, der wahre Grund ist verdrängt und deshalb dem Bewusstsein nicht zugänglich.
Zwischen dem Bewusstsein und dem Unterbewusstsein gibt es den „kritischen Teil“. Dieser kritische Teil ist vergleichbar mit einem Kontrolleur, der genau überprüft und letztendlich entscheidet, welchen Inhalten der Weg vom Bewusstsein ins Unterbewusstsein gestattet ist oder welche Inhalte (z. B. Traumata) sofort ins Unterbewusstsein verschoben werden müssen.
Der kritische Teil hat wichtige Aufgaben: Er schützt uns, indem er schlimme Erlebnisse aus dem Bewusstsein verbannt. Er bewahrt uns vor einem „Information Overload“, indem er die Inhalte der Wahrnehmung im Unterbewusstsein abspeichert, denen das Bewusstsein keine Aufmerksamkeit schenkt. Der kritische Teil weist Informationen aber auch zurück, wenn sie nicht mit den bereits vorhandenen Glaubenssätzen und gespeicherten Überzeugungen des Unterbewussten übereinstimmen. Dies ist für die Stabilität unserer Persönlichkeit von enormer Bedeutung. Lange schon belegen Studien, dass Situationen oder Verhalten aufgrund von Überzeugungen oder Erwartungen verändert werden können. (1) Hieraus entstand die Theorie der selbsterfüllenden Prophezeiung. (2) Diese Theorie und viele Studien erklären, warum Menschen häufig wieder genau das Erleben, was sie erwarten.
Die Aufteilung des Gedächtnisses in „System 1“ und „System 2“ des Psychologen D. Kahneman ähnelt dem von uns vorgeschlagenen Modell. System 1 gleicht dem Unterbewusstsein, wohingegen System 2 das Bewusstsein repräsentiert. Allerdings nennt Kahneman in seinem Modell keinen, davon losgelösten und gesondert agierenden, kritischen Teil. (3)
Der Hypnotiseur verschafft sich Zugang zum Unterbewusstsein, indem er den kritischen Teil umgeht. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, am kritischen Teil vorbei direkt ins Unterbewusstsein zu gelangen. Allerdings gibt es hier kein Patentrezept, das heißt, es gibt keine Hypnoseeinleitung, die bei jedem Menschen gleich gut funktioniert. Hier ist die Kompetenz, die Beobachtungsgabe und vor allem die Erfahrung des Hypnotiseurs gefragt: Blitzschnell muss ein Hypnotiseur erkennen können, mit welcher Technik sein Gegenüber gut in Hypnose geführt werden kann. Ein professionelles Vorgespräch ist ebenso Voraussetzung. Einige Hypnotiseure nutzen Entspannung, Fixation oder eine gezielte Konfusion, wieder andere überlisten den kritischen Teil mit Biltzhypnosetechniken.
Quellen:
(1) Word, C. O., Zanna, M. P.& Cooper, J. (1974): The nonverbal mediation of self-fulfilling prophecies in interracial interaction. Journal of Experimental Social Psychology. Vol. 10, Issue 2, S. 109-120.
(2) Zimbardo, P. G.; Gerrig, R. J. (2016): Psychologie. 20. aktualisierte Auflage. S. 649 ff.
(3) Kahneman, D. (2016): Schnelles Denken, Langsames Denken. Übersetzt aus dem Englischen. Penguin Verlag. S. 32 ff.